Historiker fordert Diskussion um Namen der Bührle-Sammlung
Raphael Gross hat zusammen mit seinem Team die bisherige Provenienzforschung der Bührle-Stiftung unter die Lupe genommen. Dies geschah im Auftrag von Stadt und Kanton Zürich sowie der Zürcher Kunstgesellschaft, der Trägerin des Kunsthaus Zürich, in dem zahlreiche Werke aus der Sammlung zu sehen sind. Am Freitag präsentierte der Schweizer Historiker und Präsident des Deutschen Historischen Museums die Ergebnisse.
Das Fazit Gross' ist klar ausgefallen: Die bisherigen Bemühungen der Bührle-Stiftung zur Klärung der Herkunftsgeschichte ihrer Werke reichen nicht aus. Es sind weitere Anstrengungen nötig, um die Anforderungen zu erfüllen, welche die Kunstgesellschaft Zürich und Stadt und Kanton als Subventionsgeber stellen.
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Die zentrale Empfehlung der Untersuchung lautet deshalb, dass es weitere Forschung braucht. Diese soll sich auf die Aufklärung des jüdischen Vorbesitzes und des verfolgungsbedingten Entzuges der Werke aus der Sammlung Emil Bührle konzentrieren.
Zudem soll die Zürcher Kunstgesellschaft als Trägerin des Kunsthauses ein Gremium einsetzen, das ein Prüfschema für NS-verfolgungsbedingten Entzug entwickelt. Dieses soll sowohl für die eigene Sammlung des Kunsthauses Zürich als auch für die Dauerleihgaben angewendet werden.
Name der Sammlung soll zur Diskussion stehen
Der Zürcher Kunstgesellschaft wird auch nahegelegt, eine Auseinandersetzung mit dem Titel «Sammlung Emil Bührle» zu führen. Zur Sammlung, die der Waffenhändler von 1936 bis 1956 anlegte, zählen 633 Werke. Viele von ihnen hatten zur Zeit des zweiten Weltkriegs jüdische Besitzer und gelangten teils direkt, teils mit Zwischenstationen zur Sammlung Bührle. «Ohne die Verfolgung der Juden wäre die Sammlung Bührle so nie zustande gekommen», sagte Gross. Die Sammlung sei somit aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte sowohl Teil der Schweizer als auch der jüdischen Geschichte.
Im Rahmen der unabhängigen Untersuchung wurde die Herkunft von fünf Werken aus der Sammlung vertieft abgeklärt. Teilweise stiessen die Expertinnen und Experten dabei auf Umstände, die aufgrund der eigenen Provenienzforschung der Stiftung noch nicht bekannt waren.
Bislang dokumentierte die Stiftung in 41 Fällen jüdische Vorbesitzer. Die Untersuchung von Gross forderte nun rund 20 weitere Fälle zutage, die ebenfalls jüdische Vorbesitzer hatten, und bei denen ein Handwechsel im Zeitraum von 1933 bis 1945 zumindest als wahrscheinlich gilt. «Nur wenn in diesen Fällen neu Recherchen unternommen werden, kann der Anspruch, die Werke in ihrem historischen Kontext zu präsentieren, eingelöst worden», sagte Gross.
Die Auftraggeber der Untersuchung, also Stadt, Kanton und das Kunsthaus, haben am Freitag in einer Mitteilung angekündigt, die Ergebnisse nun zu analysieren. Inhaltlich dazu Stellung nehmen wollen sie Mitte Juli.
Die Sammlung Bührle hat bereits vor rund zwei Wochen aufgrund einer Neubeurteilung fünf im Kunsthaus ausgestellte Werke entfernen lassen. Sie will mit den Nachkommen oder sonstigen Rechtsnachfolgern der früheren Besitzern nach Lösungen suchen.
(sda/osc)