Zürcher schicken Stadt fleissig kuriose Mängel
Ist in der Stadt Zürich etwas nicht «ordeli», haben aufmerksame Passantinnen und Passanten bei «Züri wie neu» ein Ventil. Im Online-Tool gehen täglich Meldungen zu Schäden und Mängeln an der Infrastruktur von Zürich ein. Allein letzte Woche registrierte die Website fast 200 Meldungen. Über 1000 Meldungen haben die Mitarbeitenden im September bearbeitet. Für Sozialwissenschaftler Marko Kovic grenzen manche Meldungen ans Absurde.
«Die Meldungen/Probleme sind auch ein lustiges Psychogramm der Menschen in Zürich», leitete Kovic seinen Tweet ein. Dafür pickte er ein paar Perlen heraus.
1/ Die @stadtzuerich betreibt die tolle App "Züri wie neu", in der man Mängel etc. im öffentlichen Raum melden kann.
— Marko Kovic (@marko_kovic) October 23, 2024
Die Meldungen / Probleme sind auch ein lustiges Psychogramm der Menschen in Zürich. 🧵 pic.twitter.com/vGkA50GjEP
Betonharter Sand und «wütende Vandalen aus Ghetto Affoltern»
In einer Meldung beklagt sich jemand darüber, dass der Sand in einem Sandkasten «hart wie Beton sei» und fügt an: «wahrscheinlich wegen dem ganzen Regen.» Marko Kovic spottet: «Aha. Der Sand ist ja nass. ‹Wahrscheinlich wegen dem ganzen Regen›. Ja, sogar sehr wahrscheinlich.»
Einen «Hauch von SOS» versprüht für Kovic eine Meldung, in der jemand zu einem überklebten Parkschild für die Blaue Zone fragt, was nun geschehe. Ein anderer aufmerksamer Passant ist der Überzeugung, dass «die Vandalen aus dem ‹Ghetto Affoltern› gewütet haben» und die Latten von Baumschützen kurz und klein geschlagen haben. Belustigt betont Kovic: «Die Vandalen aus dem ‹Ghetto Affoltern› haben gewütet.»
Amüsant findet er auch die Aufforderung wegen einer Sprayerei mit «Free Palestine» an einer VBZ-Tafel. «Sofort entfernen, ist illegal. Und der Fahrplan ist nicht mehr lesbar. Danke für Ihr rasches Handeln», schrieb jemand verzweifelt. Kovic kommentiert: «Das Amüsante hier: Der Spruch ‹Free Palestine› sei illegal, darum sofort entfernen. Und ach ja, man kann den Fahrplan nicht mehr lesen.»
Zum Foto einer Brücke steht: «Wir vermissen eine regensichere Unterquerung.» Kovic korrigiert: «Erstens besteht bereits ein Gehweg, der ‹regensicher› ist.» Zweitens sei die Anspruchshaltung lustig, auf den 50 Metern Brücke nicht in Kontakt mit Regen zu kommen. «Wo bleibt das millionenschwere Bauprojekt?», fragt er sarkastisch.
«Amüsant und charmant»
Ein E-Scooter, der quer über einem Trottoir liegt, bringt einen User auf die Palme. Die Stadt bedankte sich für die Meldung und leitete den Prozess ein: «Wir haben sie an die zuständige Stelle weitergeleitet.» Bei Kovic löst dies Kopfschütteln aus. «Ich finde diese Scooter auch lästig. In diesem Fall wäre es aber vielleicht schneller gewesen, den Scooter selber kurz auf die Seite zu stellen», rät er.
In einem weiteren Post wünscht er, dass eine Mücke in Frieden ruhen möge. Jemand suchte bei «Züri wie neu» wegen Zweifeln um Rat: «Ich wurde heute Abend in unserer Küche von einer Schnake ‹angegriffen›». Sie oder er hat diese erledigt. «Als ich meine Beute genauer anschaute, kam bei mir der Verdacht auf, dass es sich um eine Tigermücke handeln könnte.» Auch hier ist sich die Stadt für eine Antwort nicht zu schade. Im Gegenteil: Ausführlich erklärt sie, warum es sich um keine Tigermücke handle und klärt über die stattdessen betroffene Art auf.
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Der Sozialwissenschaftler stiess vor ein paar Tagen per Zufall auf das Online-Tool. «Ich klickte mich durch die Meldungen und fand es interessant und gut gemacht», sagt Kovic. Gleichzeitig habe er festgestellt, dass nicht alle Meldungen «das Ende der Welt» bedeuteten. Trotzdem habe die Stadt diese seriös beantwortet. Die Meldungen finde er amüsant und charmant. Mit dem Post wolle er sich über niemanden lustig machen. «Wenn man darüber lacht, ist nicht die Idee, über die Leute zu lachen, sondern zusammen mit ihnen zu schmunzeln.»
Wann die Stadt ausrückt
Das Tiefbau- und Entsorgungsdepartement der Stadt zieht die Meldungen auf Anfrage von ZüriToday nicht in Zweifel. «Aus Sicht der Meldenden handelt es sich um Mängel. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Meldungen zu beurteilen», sagt Mediensprecher Mike Sgier. Grundsätzlich veröffentlichten und beantworteten sie alle Meldungen. «Ausgenommen sind Meldungen mit datenschutzrechtlich heiklen oder ungebührlichen Inhalten.»
Rücken die Beamten auch immer aus? Mike Sgier sagt dazu, dass die Dienstabteilungen die gemeldeten Mängel beheben. Dies müsse aber nicht zwingend aufgrund der Meldung passieren. «So werden zum Beispiel Abfälle und Strassenschäden oft im Rahmen der routinemässigen Reinigungs- und Werterhaltungstouren beseitigt und behoben, ohne dass jemand extra ‹ausrücken› müsste.»