Zürcherin vermietet möblierte Wohnung nur Frauen
Glück spielt bei der Suche nach einer günstigen Wohnung in der Stadt Zürich eine grosse Rolle. Zumindest in einem Fall braucht es aber auch das passende Geschlecht. «Nur für Frauen» steht in einem Zeitungsinserat, das eine möblierte 2-Zimmer-Wohnung für 1350 Franken ab sofort bietet.
Ausgeschrieben hat die Wohnung M.A.* Die gebürtige Peruanerin wohnte während sieben Jahren in der Wohnung in Schwamendingen. Da sie nun zu ihrem Partner gezogen ist, will sie die Wohnung untervermieten – ausschliesslich an Frauen. «Ich habe mir einfach gedacht, dass Frauen sauberer und ruhiger sind», sagt die 60-Jährige verlegen lachend auf Anfrage.
Sie rechnet mit weniger Umständen. So blieben ihr zusätzliche Kosten erspart und sie müsse für Ärger mit Nachbarn nicht geradestehen. «Natürlich würde ich tatsächlich auch einen Mann einziehen lassen. Es ist nicht so, dass ich Männer diskriminieren will», stellt sie klar. Sie ziehe Frauen lediglich vor.
Frauen putzen öfter als Männer
Bis jetzt hat sich laut A. eine 35-jährige Frau beworben. Diese habe gute Chancen, die Wohnung zu bekommen. Job und Eigenschaften spielten keine Rolle. «Sie muss lediglich die Miete bezahlen können.»
Mit ihrer Vermutung bezüglich Sauberkeit liegt die Untervermieterin nicht falsch. Zum Staubsauger greifen deutlich mehr Frauen als Männer, wie eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage des Online-Warenhauses Galaxus zeigt. Rund 90 Prozent der Frauen gaben an, selbst zu putzen, während es bei den Männern nur knapp 70 Prozent sind. Dafür gibt jeder zweite Mann an, dass seine Partnerin oder sein Partner die Wohnung sauber hält. Dagegen überlässt bei den Frauen nicht einmal jede siebte der besseren Hälfte den Kampf gegen den Schmutz.
«Diskriminiert Männer»
Luca Aeschlimann, Coach für authentische Männlichkeit und Leiter des Men's Club Zürich, kann sich vorstellen, dass ein Wohnungsinserat, das Männer ausschliesst, Ungerechtigkeitsgefühle wecken kann. «Wer Wohnungen ausschliesslich für Frauen ausschreibt, diskriminiert Männer.»
Laut Aeschlimann ändert die nachträgliche Richtigstellung der Vermieterin nichts an der Tatsache. «Stellen Sie sich vor, eine Unternehmung würde eine Stelle nur für Männer ausschreiben, weil sie nicht riskieren will, dass eine Frau schwangerschaftshalber ausfällt. Da sind nachträgliche Richtigstellungen sinnlos, weil Frauen effektiv eine Karrierechance verwehrt wird.»
Er rät jedoch davon ab, sich auf Ungerechtigkeitsgefühle einzulassen. Oft stecke hinter Handlungen, die ein Geschlecht bevorzugten, nichts Böswilliges.
Vorurteile müssten reflektiert werden
Aeschlimann will die Vermieterin aber nicht verurteilen. Es sei an der Zeit, unsere Vorurteile und Handlungen bewusst zu reflektieren. «Männer und Frauen sind in der aktuellen Zeit eingeladen, einander die Möglichkeit zu geben, über alte Klischees hinwegzukommen und bewusst herausfinden, was für sie und ihn stimmig und richtig ist.»
So könne eine Atmosphäre und Gesellschaft geschaffen werden, in der sich die Menschen, egal ob Mann oder Frau, gegenseitig sehen und respektieren könnten. «Eine Gesellschaft, in der authentische Verbindung wieder möglich ist und das Geschlecht keinen Einfluss mehr darauf hat, ob man eine Wohnung oder einen Job erhält.»
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.
*Name der Redaktion bekannt.