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Wegen Zugausfall: Passagiere stranden über Nacht am Zürich HB

© ZüriToday / Loris Gregorio / CH Media Video Unit / Katja Hug

«Das ist eine Schande» – Reisende müssen am Zürich HB übernachten

Deutsche Bahn
Statt im Schlafabteil gemütlich von Zürich nach Wien zu gondeln, müssen sich Reisende auf Sitzplätze quetschen und die Nacht in einem Zug am Zürcher HB verbringen. Für Bahnexperten ist schnell ein Sündenbock gefunden und auch die SBB bekleckert sich nicht mit Ruhm.
Publiziert am Fr 3. Nov. 2023 06:16 Uhr

Mit dem Zug von Portugal über Spanien und Frankreich durch die Schweiz bis nach Wien – so lautete der Plan des Österreich-Korrespondenten der Schweizer Eisenbahnrevue. Dass der letzte Abschnitt der Reise maximal unangenehm werden sollte, ahnte der Reisende am Dienstag noch nicht.

Keine direkte Verbindung bis zum 2. November

Ein Berufskollege von ihm erzählt gegenüber ZüriToday, was sein Kamerad erlebte und ist entsetzt. «Mein Freund wollte von Portugal zurück nach Wien, vorbildlich, alles mit dem Zug. Das ging auch gut. Bis Zürich», beginnt Jürg Streuli, ebenfalls Autor bei der Schweizer Eisenbahnrevue.

In Zürich habe sein Kollege den Nachtzug nach Wien nehmen wollen. Die Strecke zwischen Zürich und Arlberg ist jedoch wegen Bauarbeiten unterbrochen, erklärt Streuli. Aus diesem Grund werden die Nachtzüge umgeleitet. Unter anderem führt die Umleitung über Bregenz, Lindau, München und dann nach Österreich, so Streuli weiter. Der Unterbruch dauert bis zum 2. November.

Umleitung ist Schuld an Übernachtungs-Debakel

Da die Deutsche Bahn auf ihrem Abschnitt der Strecke von einer Fahrleitungsstörung betroffen war, wie er weiter ausführt, habe diese die Annahme des Nachtzuges verweigert. «Die SBB kann da also eigentlich recht wenig dafür», so der Bahn-Aficionado.

Der Zug wurde gestrichen. Die Passagiere aber standen in Zürich am Bahnsteig mit ihren Tickets und reservierten Schlafplätzen – jedoch ohne Zug. «Eine Fluggesellschaft hätte den gestrandeten Reisenden ein Hotel bezahlt», meint Streuli.

Die SBB schreibt auf Anfrage von ZüriToday, dass sie sich in aller Form bei den betroffenen Kundinnen und Kunden entschuldigen und bittet sie, sich mit dem Kundendienst der SBB in Verbindung zu setzen.

Sitzplatz statt Liegewagen

Die SBB habe sich in einer Notsituation befunden und hätte nach einer Lösung gesucht, meint Streuli. Die bestand schlussendlich darin, einen Twindex für die Passagiere am Bahnhof abzustellen. «Dieser Zug fährt normalerweise von Zürich nach Genf und ist natürlich nicht der Hit», so Streuli. Im Gegensatz zum Nightjet verfügt der Twindex über keine Liegeabteile.

Der Zug-Experte geht davon aus, dass mehrere hundert Passagiere betroffen gewesen sein müssten. «Der Nachtzug wird auch Wiener Walzer genannt und zählt 16 Waggons», wie er weiss.

Kurzfristig keine andere Lösung gefunden

Die aussergewöhnliche Übernachtungsmöglichkeit ist auch bei der SBB nicht Usus. «In solchen Situationen versuchen wir wenn immer möglich, den Kundinnen und Kunden eine alternative Reisemöglichkeit oder ein Hotelzimmer zu organisieren», so Bas Vogler, Mediensprecher der SBB.

«Kurzfristig war es in diesem Fall leider nicht möglich, für alle Reisenden ein Hotelzimmer in Zürich zu finden, weshalb die SBB einen Aufenthaltszug im Zürich HB bereitgestellt hat. Der Aufenthaltszug ist die letzte Option und kommt nur in Ausnahmefällen wie bei solchen kurzfristigen, ausserordentlichen Ereignissen zum Einsatz», erklärt Vogler.

Von den 600 gestrandeten Personen hätten etwa 25 bis 30 Passagiere in dem Zug übernachtet, fügt Vogler an. Die anderen seien nach Hause gegangen oder übernachteten im Hotel.

Verpflegung war «lausig»

Was Streuli der SBB aber durchaus vorwerfe, sei die Verpflegung der Passagiere. «Jeder Reisende bekam zwei Appenzeller Biberli aus dem Automaten. Das ist lausig!», schimpft Streuli. Am nächsten Tag sollte die Reise dann mit dem Tageszug weitergehen.

Wie er später noch ergänzt, wurden die Passagiere morgens um 6 Uhr mit Ersatz-Autobussen von Zürich nach Ötztal gefahren. «Von dort aus verkehren, jenseits der Streckensperrung der Arlberglinie, wieder Züge», sagt er. Also eine richtige Odyssee, statt einem komfortablen direkten Nachtzug, schliesst Streuli.

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