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Ex-Bundesrichter untersucht Todesfälle im Unispital Zürich

© TeleZüri / Ex-Bundesrichter untersucht Todesfälle an Zürcher Herzchirurgie / Beitrag vom 22.08.2024

Ex-Bundesrichter untersucht Todesfälle an Zürcher Herzchirurgie

Unispital
Der ehemalige Bundesrichter Niklaus Oberholzer wird die ungewöhnlich hohe Anzahl von Todesfällen an der Klinik für Herzchirurgie des Universitätsspitals Zürich untersuchen. Analysiert werden 350 Fälle. In einem Jahr sollen Ergebnisse vorliegen.
Publiziert am Do 22. Aug. 2024 10:47 Uhr

Zwischen 2016 und 2020 starben am Zürcher Universitätsspital 350 Patientinnen und Patienten im Zusammenhang mit einer Herzoperation - dies sind ungewöhnlich viele. «Es wurde kolportiert, dass davon bis zu 200 Todesfälle hätten vermieden werden können», sagte Spitalratspräsident André Zemp am Donnerstag vor den Medien.

«Die damaligen Vorfälle schaden der Reputation des Universitätsspitals bis heute», so Zemp. Um das Vertrauen von Patientinnen und Patienten und der Öffentlichkeit wieder herzustellen, wird eine unabhängige Untersuchungskommission nun alle Todesfälle und auch Fälle mit Komplikationen unter die Lupe nehmen.

«Nicht zur Tagesordnung übergehen»

Geleitet wird diese Kommission vom ehemaligen Bundesrichter Niklaus Oberholzer, der bis 2019 am obersten Gericht tätig war. «Ich bin überzeugt, dass eine gründliche und umfassende Untersuchung notwendig ist», sagte Oberholzer. «Es steht zu viel auf dem Spiel, als dass man einfach zur Tagesordnung übergehen könnte.»

Dass viel Arbeit auf ihn zukommt, ist ihm bewusst. «Das wird eine grosse Herausforderung.» Zuerst geht es darum, alle Akten zu analysieren. Aber auch Personenbefragungen sind geplant.

Unterstützt wird Oberholzer dabei von einer Person mit Fachkenntnissen in der Herzmedizin sowie einem Experten oder einer Expertin für Spitalorganisation. Wer dies genau sein wird, ist noch offen. Zusätzlich dazu wird ein ganzes Team bei den Arbeiten helfen.

«Absolut unabhängig»

Wichtig ist den Verantwortlichen, dass alle Beteiligten nichts mit dem Universitätsspital zu tun haben. Oberholzer betonte denn auch, dass er selber die Vorgänge bisher nur als Aussenstehender über die Medien mitverfolgt habe. «Ich bin absolut unabhängig.»

Im Zusammenhang mit den Komplikationen an der Herzklinik gab es bisher rund zehn verschiedene Strafanzeigen und Verfahren. Bis auf eine Ungereimtheit in einem Operationsprotokoll blieben bisher aber alle ohne Folgen. Die Verfahren wurden entweder nicht an die Hand genommen oder eingestellt.

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Oberholzer kündigte an, neue Hinweise auf strafrechtlich relevantes Verhalten an die betreffenden Behörden weiterzuleiten. Die Untersuchung der möglicherweise vermeidbaren Todesfälle wird voraussichtlich ein Jahr dauern. Die Kommission wird die Ergebnisse dann anonymisiert publizieren, inklusive Empfehlungen für die Zukunft, damit sich die Geschichte nicht wiederholt.

Spitalratspräsident Zemp betonte jedoch, dass die Herzchirurgie bereits heute an einem völlig anderen Ort sei. Die Schlagzeilen der vergangenen Jahre führten zu diversen internen Veränderungen und zu einer Revision des Universitätsspital-Gesetzes durch den Kantonsrat.

Whistleblower gelangte an die Spitalleitung

Bereits im Jahr 2018 gab es erste Medienberichte, gemäss denen die Sterberate in der Herzklinik des USZ höher sei als in anderen Spitälern. Daraufhin meldete sich ein Whistleblower bei der Spitalleitung und kritisierte den damaligen Klinikdirektor Francesco Maisano. Es gebe unnötige Komplikationen und gefälschte Berichte.

Für Schlagzeilen sorgte insbesondere, dass Maisano bei Operationen häufig das so genannte Cardioband verwendete und gleichzeitig am Unternehmen beteiligt war, das dieses Implantat herstellt. Im Jahr 2020 musste Maisano das USZ verlassen. Er arbeitet heute in Mailand.

(sda/hap)

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