An Pizzaschachteln will sich keiner die Finger schmutzig machen
In vielen deutschen Städten gehören sie bereits zum Stadtbild – und seit letztem Sommer findet man sie auch im zugerischen Cham: spezielle Sammel-Boxen für leere Pizzaschachteln. Die Konstruktionen sollen dem bislang rund um die Abfallkübel herrschenden Chaos Einhalt gebieten. Cham hat mit den Sammelboxen in den letzten Monaten gute Erfahrungen gemacht – die Stadt Luzern überlegt sich jetzt ähnliche Massnahmen.
Auch die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Zürich bestellen Tag für Tag fleissig Pizzas – und müssen die Verpackungen anschliessend irgendwie loswerden. Boxen wie diejenigen in Cham sind für die städtischen Entsorgungsbetriebe aber kein Thema. An besonders frequentierten Orten kommen Container für grössere Abfallmengen zum Einsatz, wie Tobias Nussbaum, Mediensprecher von Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ), auf Anfrage von ZüriToday sagt.
Zudem startete die Stadt im März 2022 die Kampagne «Zürich isst abfallfrei». Diese hat zum Ziel, zusammen mit der Take-away-Gastronomie die Abfallmenge zu reduzieren. Hierbei setzt Zürich nicht auf Pizzaschachtel-Sammelstationen, sondern auf die Mitarbeit der Anbieter sowie der Kundinnen und Kunden. Alle sollen nämlich lieber Mehrweg-Behälter für ihre Take-Away-Speisen verwenden. Entsprechende Systeme seien auch bei Pizza-Lieferdiensten in Entwicklung. «Mittelfristig wird die Pizzaschachtel wohl abgelöst», so Nussbaum.
Pizzabranche will sich nicht vom Karton trennen
Mehrwegsysteme statt bewährtem Karton? «Bei der Pizzaschachtel ist es nicht so einfach», sagt Patrick Bircher, Geschäftsführer von Dieci, einem der grössten Pizzakuriere der Schweiz. Starke Standorte würden regelmässig bis zu 1000 Pizzas pro Tag backen und liefern. Ein Mehrwegsystem würde hier einen relativ grossen Platzbedarf für saubere und zurückgebrachte schmutzige Behälter bedeuten.
Weitere Herausforderungen bestehen für Dieci in der Reinigung der Mehrwertbehälter, mit entsprechendem Aufwand für Logistik und Ressourcenverbrauch, in den verschiedenen Grössen der Pizzas und in der hohen Temperatur der Transportöfen von über 100 Grad. «Das macht leider nicht jeder Kunststoff mit», so Bircher.
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Trotzdem, betont der Dieci-Chef, sei man gegenüber Liefer-Innovationen grundsätzlich offen, «wenn man uns eine funktionierende Lösung präsentiert». Dieci prüfe laufend Massnahmen zur Ressourcenreduktion und zur Verwendung nachhaltiger Stoffe in den Prozessen. So soll etwa die Einlage aus Zellulose in jeder Schachtel das aus der Pizza austretende Fett auffangen. «Und natürlich können Kunden mit eigenen Behältern eine Pizza abholen kommen», fügt Bircher an.
In Winterthur gibt es Pizzaboxen schon lange
Während Zürich keine Einführung von dezidierten Schachtel-Sammelstationen plant, sind diese in Winterthur bereits seit längerem Realität. In Winterthurer Parks gibt es schon seit 2017 ein gutes Dutzend Metallgebilde mit vier Armen, in denen sich die Schachteln entsorgen lassen. «Die Erfahrungen damit sind sehr gut», sagt Achim Schefer, Hauptabteilungsleiter Siedlungsgrün bei Stadtgrün Winterthur. Das System bewähre sich besonders im Umfeld von Pizza-Takeaways und Schulen. Kostenpunkt pro Stück: etwa 350 Franken.
Die Winterthurer Sammelboxen werden im Rahmen der ordentlichen Parkreinigung durch Stadtgrün geleert. Doch wie sieht es eigentlich mit den Pizzaschachteln aus, die nach Hause geliefert werden? Hier ist die Situation komplizierter als man auf den ersten Blick vielleicht denkt. Kartonschachteln, auf denen Fett oder Lebensmittelreste kleben, gehören nämlich nicht in die Kartonsammlung, sondern müssen im Hauskehricht entsorgt werden. Die Rückstände behindern den Recycling-Prozess, erklärt Tobias Nussbaum von ERZ.
Fettige Schachteln werden stehengelassen
Wer Pizzaschachteln in die Kartonsammlung geben wolle, muss also vorher alle verschmutzten Teile abschneiden. Wenn den Sammlern in Zürich und Winterthur trotzdem mal fettige Schachteln auffallen, lassen sie diese am Strassenrand stehen. «Wenn wir zu viele Fremdstoffe feststellen, lassen wir den Karton stehen und informieren mit einem pinken Kleber», sagt Armin Bachofner, Leiter der Abteilung Entsorgung im Winterthurer Tiefbauamt. «Schlimmstenfalls entsorgen wir den Karton als brennbaren Abfall in der KVA und stellen den Aufwand in Rechnung.» Dies komme allerdings nicht allzu häufig vor.
So bleibt die Pizzaschachtel-Geschichte eine Sache, an der sich niemand die Finger schmutzig machen möchte. Die Stadt Zürich würde es am liebsten sehen, wenn die Kuriere auf Mehrwegverpackungen setzen würden. Die Kuriere wiederum würden sich freuen, wenn Kundinnen und Kunden selbst Behälter mitbringen. Und diese möchten einfach die feinen Pizzas geniessen, ohne allzu viel über Entsorgungsfragen nachzudenken.
Die Stadt Zürich sammelt laut eigener Angabe pro Jahr insgesamt 10'000 Tonnen Karton, in Winterthur sind es 1800 Tonnen aus den Haushalten. Wie gross dabei der Anteil an Pizzaschachteln ist, wird nicht erhoben. Da die Verpackungen der beliebten Teigfladen aber relativ leicht sind – etwa im Vergleich mit den Schachteln von Möbeln, dürfte es sich um einen eher kleinen Teil handeln.